Der vegane Hund
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Warum ich meinen Hund vegan ernähre

Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, vegan zu leben – einige aus tierethischen Gründen, andere wegen der Umwelt und wieder andere aufgrund ihrer eigenen Gesundheit. Und mit der Frage, ob man Fleisch noch essen sollte, steigt auch die Frage auf, ob es richtig ist, seinen geliebten Vierbeiner mit Schweineohren zu füttern, während man das Schwein hinter dem Schweineohr ignoriert. Warum ich meinen Hund vegan ernähre, was die Studienlage sagt und warum so viele Menschen Tiere lieben und sie dennoch essen, erkläre ich hier.

Ein veganer Hund – geht das überhaupt?

Seinen Hund vegan zu ernähren klingt erstmal abwegig und ich verstehe auch, dass dies bei den meisten Menschen im ersten Moment eine ablehnende Haltung hervorruft. Einen vermeidlichen Fleischfresser vegan zu ernähren, klingt auch erstmal falsch. Aber was, wenn man genauer hinschaut?

Fangen wir beim Ursprung an: Der Hund stammt vom Wolf ab und dieser zählt zu der Kategorie der Carnivora – also der Raubtiere. Neben Fleisch ernährt sich der Wolf aber auch zu bis zu 50 % von Pflanzen, wenn die Bedingungen dies erfordern. Nun haben wir den Hund, der zwar mit dem Wolf verwandt ist, selbst aber keiner ist. Vor über 15.000 Jahren begann die Domestikation des Hundes – je nach Quelle auch schon deutlich früher – und in dieser Zeit hat der Hund sich mehr und mehr an uns angepasst. Er wurde zum Wächter, Hüter und Jäger und lebt bis heute dicht mit uns Menschen zusammen. Gefressen hat er dabei vor allem unsere Abfälle. Als der Mensch sich niederließ und anfing Landwirtschaft zu betreiben war dies eben oft Brot und andere pflanzliche Reste – Fleisch war bei den Landwirten ein teures Gut und wurde wahrscheinlich kaum an die Hunde verfüttert. Mit den Jahrhunderten hat sich der Verdauungstrakt an die neue Ernährung angepasst.

Der Magen des heutigen Hundes ist nachgewiesener Maßen der eines Allesfressers. Im Gegensatz zum Wolf kann der Hund langkettige Kohlenhydrate verdauen, die Kohlenhydrate so für sich nutzen und an die Proteine in den Pflanzen gelangen. Den Wolf also als Begründung heranzuziehen, dass Hunde Fleisch benötigen, ist nicht sinnvoll.

Eine andere Studie untersuchte zwei Gruppen von Schlittenhunden – die einen bekamen fleischhaltiges Futter, die anderen ein für das Experiment zusammengestelltes veganes Futter. Über 16 Wochen hinweg untersuchte man die sportlich aktiven Schlittenhunde regelmäßig und testete ihre Blutwerte. Das Ergebnis: Beide Gruppen zeigten gesunde Hunde und die Blutwerte waren im normalen Bereich. „The present study is the first to demonstrate that a carefully balanced meat-free diet can maintain normal haematological values in exercising dogs“, heißt es in der Zusammenfassung der Studie.

Zwar gibt es noch nicht viele Studien zu dem Thema vegane Hundeernährung, aber die Untersuchungen, die es gibt, scheinen dafür zu sprechen, dass der Hund auf Fleisch verzichten kann – vorausgesetzt natürlich, das vegane Futter ist bedarfsdeckend. Dabei muss Hundefutter aus meiner Sicht zwei Aspekte erfüllen: Es muss den Nährstoffbedarf des Hundes decken und dem Hund schmecken. Wenn diese beiden Punkte erfüllt sind, ist es nebensächlich, woraus das Futter besteht.

Viel schlauer und detaillierter erklärt Tierarzt Dr. Karim Montasser die Thematik in seinem YouTube-Video „Ist eine vegane Ernährung für Hunde gesund? wissenschaftlich erklärt.“

Wie geht es Sirka mit der veganen Ernährung?

Ich ernähre Sirka nun seit gut 6 Jahren vegan und sie ist mit ihren 12 Jahren noch gut drauf. Sie hat inzwischen altersbedingt ein paar Probleme wie Arthrose, die bei einem alternden Hund aber auftreten und sehr wahrscheinlich nichts mit ihrer Ernährung zu tun haben. Ansonsten sind meine Tierärztin – die das Thema durchaus kritisch betrachtet – und ich sehr zufrieden mit ihrer gesundheitlichen Verfassung.

Sirkas Blutwerte lasse ich jährlich in einem großen Blutbild überprüfen und hierbei auch die B-Vitamine checken. Bisher sah alles immer gut aus und die vegane Ernährung scheint sie nicht zu beeinträchtigen oder ihr irgendwie zu schaden.

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Ich möchte hier aber anmerken, dass ich Sirka zwar vegan ernähre, sie wohl aber ab und an auch tierische Produkte frisst – etwa wenn ich meine Eltern besuche oder mit Freunden unterwegs bin und jemand ihr etwas Tierisches gibt.

Zu ihrem Fressverhalten: Sirka liebt ihr Futter (ich füttere Vegdog) und hat bisher noch nie vor dem Napf gezögert. Als ich ihr mal ein bisschen Barf von einem Gasthund neben ihrem Futter angeboten habe, hat sie trotzdem zuerst das vegane Futter und dann das Barf-Futter gefressen. Ich bin mir aber auch dessen bewusst, dass sie vermutlich erst den anderen Napf gewählt hätte, wenn ich dort Käse platziert hätte. Was ich sagen möchte ist, dass sie das vegane Futter sehr mag und es einigen tierischen Produkten vorzieht. Über allem steht das vegane Futter aber nicht. Muss es aber auch nicht.

Warum ich meinen Hund vegan ernähre

Der Grund, warum ich meinen Hund vegan ernähre und selbst seit vielen Jahren vegan lebe, hat wenig mit unserem Wohlbefinden zu tun, sondern mit dem Wohlbefinden der Tiere, die in der Industrie ausgebeutet werden – die Entscheidung beruht also auf Tierschutzargumenten. Ich bin von tiefstem Herzen davon überzeugt, dass es nicht richtig ist, einem anderen Lebewesen ein hohes Maß an Leid zuzufügen, wenn es für unser Überleben nicht notwendig ist. Und das Maß an Leid, welches die Tiere durch uns erleben, liegt weit außerhalb unserer Vorstellungskraft – die meisten der „Nutz“tiere sind nicht in der Lage sich zu bewegen oder gar zu drehen. Sie verbringen ihr Leben in geschlossenen stickigen Räumen, ohne Sonnenlicht, ohne die Möglichkeit ein paar Schritte in eine Richtung zu gehen oder mit den Artgenossen angemessen zu kommunizieren. Sie haben Verletzungen, Schmerzen, Entzündungen, kaputte Körper. Allein die Vorstellung daran finde ich kaum aushaltbar.

Aber selbst, wenn die Tiere das vermeidlich schöne Leben auf der Wiese hätten, welches die Verpackungen uns so gerne glauben lassen würden, so werden Schweine doch in einem Alter von 6 Monaten – also im Jugendalter – in einem Transporter geladen, über viele Stunden in viel zu engem Raum zum Schlachthaus gefahren und dort in Massen abgeschlachtet. Und wer glaubt, dass die Tiere nicht wüssten, was da mit ihnen passiert, hat die Schreie nicht gehört und die aus Angst weit aufgerissenen Augen nicht gesehen.

Ich weiß, dass es manchmal klingt, als würde man als vegan lebender Mensch übertreiben. Leider ist es nicht der Fall, leider sieht die Realität noch deutlich dramatischer aus, als man es in Worte fassen könnte. Keiner hat ein solches Leben verdient. Und in dem Moment, in dem wir uns für ein solches Produkt entscheiden, werden wir der Auftraggeber. Wir sind der Grund, warum diese Tiere leiden. Wir kaufen die Produkte, wir halten die Schlachthäuser am Leben, wir halten die Massentierhaltung am Leben, wir allein sind verantwortlich. Und wir müssen uns dieser Verantwortung bewusstwerden.

Wir Menschen neigen dazu, uns eine Sonderposition zuzusprechen. Und die haben wir in gewisser Weise auch. Mit unseren kognitiven Fähigkeiten und der Möglichkeit, uns über unsere detaillierte Sprache auszutauschen und in die Zukunft zu planen, sind wir den anderen Tieren in vielerlei Hinsicht überlegen. Aber rechtfertigt unsere Fähigkeit zur Reflexion und zur Vernunft, dass wir andere Lebewesen so behandeln? Oder zieht sie uns nicht vielmehr in die Verantwortung, anderen Lebewesen mit Empathie und Respekt gegenüberzustehen?

Denn wo es kaum Unterschiede gibt, sind die Fähigkeiten, Muttergefühle, Zuneigung, Schmerz und Leid zu empfinden. Denn viele Tiere, die wir essen, sind ebenso wie wir Säugetiere. Sie haben Gehirne, wie wir. Sie haben ein zentrales Nervensystem, wie wir. Und sie empfinden Schmerz, wie wir. Sie schreien nach ihren Kindern, wenn diese ihnen weggenommen werden und sie kämpfen – meist aussichtslos – um ihr Leben, wie auch wir es tun würden, stünden wir an ihrer Stelle. Und wie dankbar wir sein können, dass wir nicht an ihrer Stelle stehen!

Die Antwort auf die Frage, warum ich meinen Hund vegan ernähre und selbst vegan lebe, ist eigentlich ziemlich simpel: Ich bin gegen Tierleid – also quäle ich keine Tiere oder bezahle jemand anderen dafür, dass er es für mich tut.

Warum wir Tiere lieben und sie dennoch essen

Ich möchte mich hier zum Abschluss noch kurz der spannenden Frage widmen, warum so viele Menschen sich als Tierliebhaber verstehen und im gleichen Zuge dafür bezahlen, dass eben diese getötet werden. Das Zauberwort hier ist „kognitive Dissonanz“.

Die kognitive Dissonanz beschreibt einen Zustand, bei dem eine Person zwei Gedanken hat, die nicht miteinander vereinbar sind. Als Folge daraus fühlen wir uns unwohl. Um dieses Unwohlsein wieder loszuwerden, gibt es zwei Möglichkeiten – 1) wir ändern unser Verhalten so, dass unsere Gedanken nicht mehr widersprüchlich sind und 2) wir verdrehen oder verdrängen unsere Gedanken so, dass sie nicht mehr zu Unwohlsein führen.

Soweit die Theorie. Um das etwas besser zu verstehen, möchte ich es an einem Beispiel erklären. Im Jahr 2015 hat John Scott Falbo II bewusst eine Gruppe Entenküken mit dem Rasenmäher überfahren, mit der Begründung, dass sie in seinem Weg waren. Die Medien berichteten, die Menschen waren empört. Als Resultat bekam er eine Haftstrafe von einem Jahr. Um Eier zu produzieren, werden täglich unzählige männliche Küken an ihrem ersten Lebenstag lebendig geschreddert. Die Art zu sterben ist nahezu identisch, wie durch den Rasenmäher und doch verurteilen wir das eine und nehmen das andere ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf. Das Kükentöten ist in Deutschland seit 2022 zwar verboten, das hat aber zur Folge, dass viele der Küken nun ins EU-Ausland gebracht und dort getötet werden – ein Zugewinn für den Tierschutz ist das keinesfalls.

In Yulin in China findet jährlich das Hundefleisch-Festival statt, auf dem rund 10.000 Hunde und auch Katzen geschlachtet und gegessen werden. Die westlichen Medien sind bestürzt, es werden zahlreiche Petitionen ins Leben gerufen und die Menschen hier fragen sich, wie man sowas nur machen kann. Gleichzeitig werden in Deutschland täglich über 2 Millionen Tiere – besser gesagt fühlende Individuen – unter miserablen Umständen geschlachtet. Ja, es passiert nicht auf offener Straße, sondern hinter verschlossenen Türen, aber es passiert. Ob wir hinsehen oder nicht.

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Obwohl wir die Tat von John Scott Falbo II verurteilen und das Festival, das Hundefleisch glorifiziert, verbieten lassen wollen, finanzieren wir tagtäglich ebenso grausame Taten und profitieren von ihnen. Unsere Wertvorstellung, Tiere nicht quälen zu wollen, steht in direktem Widerspruch mit unserer Handlung, Produkte zu kaufen, die aus Tieren gewonnen werden und für die zwangsläufig Tierquälerei notwendig ist – die kognitive Dissonanz. Denn die meisten von uns verspüren in der Tat Unwohlsein, wenn sie den Gedanken an sich heranlassen, wie es den Tieren wohl gehen mag, die wir konsumieren.

Wir haben nun zwei Möglichkeiten: Wir passen unsere Handlung an und leben vegan oder wir verdrängen, was in den Mastbetrieben und Schlachthäusern Deutschlands passiert und reden uns ein, dass es schon nicht so schlimm wäre. Es ist auch leicht, seine Augen zu verschließen: Wir sehen nur sterile Verpackungen, schön designt und manchmal auch mit glücklichen Tieren darauf – mit der Realität, die hinter solchen Produkten steht, hat das wenig zu tun. Der Prozess ist weder steril noch schön oder hat irgendetwas mit glücklichen Tieren zu tun. Der Prozess, den die Tiere durchleben, ist brutal bis ins letzte Detail.

Alles, was vegan lebende Menschen tun, ist ihr Verhalten so zu verändern, dass die kognitive Dissonanz – zumindest in diesem Bereich – nicht mehr existiert. Sie bringen ihre Handlungen mit ihren Werten in Einklang. Das ist auch schon der ganze Zauber hinter der veganen Ideologie – Dinge nicht zu tun, die man nicht für richtig hält. Denn wie Franz Kafka so schön sagte, als er seine Fische beobachtete: „Nun kann ich euch in Frieden betrachten; ich esse euch nicht mehr.“

Wenn du dich mehr mit dem Thema Veganismus auseinandersetzen willst, möchte ich dir hier gerne den Tierrechtsaktivist Earthling Ed empfehlen, der das Thema auf sehr logische und gut argumentiere Weise aufarbeitet. Er hat einen YouTube-Channel, unterrichtet an der Harvard-Universität und hat das Buch „This is Vegan Propaganda“ geschrieben.

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